Amt Beverungen (1955)
Amt Beverungen 1956 23 Februar, 2010Damit wir Hermann Noltes „Heimatbüchlein“ vom Amt Beverungen zuklappen können, möchte ich daher sein Vorwort zur Broschüre an den Schluß setzen. Es ist sehr eindrucksvoll geschrieben, was früher in den 50er Jahren Steine des Anstoßes waren, ist heute allgemein üblich. Dennoch: Wir gehen mit unserer Heimat, vor allem mit unserer „Mutter Natur“ gedanken- und rücksichtslos um. Merkt man es, ist es meistens schon zu spät…..
….und jetzt kommt Hermann Nolte zu Wort, in seiner unnachahmlichen Weise:
„In weiten deutschen Gauen,
Ist es gar wunderfein,
Doch kann es wo noch schöner
Als in der Heimat sein.“
In den letzten Jahren grassiert bei uns ein schlimmes Reisefieber, ein moderner Massentourismus, ein betäubender Schnelligkeitswahn. Dazu sehen wir in allen Volkkreisen das Streben in die Weite, in die Welt. Schulklassen der Zehnjährigen machen heute große Omnibusfahrten durchs Land, während sie die nähere Umgebung der Heimat noch nicht einmal oberflächlich kennen. Und bei vielen, bei zu vielen Erwachsenen muß heute die Ferienreise zugleich auch eine Auslandsreise sein.
Aber warum nur diese Reisen in die weite Welt? Bundespräsident Heuß rief im vorigen Sommer (1955) auf dem Bundesfest der deutschen katholischen Jugend in Dortmund die Jugendlichen auf, dieser schweren Krankheit unserer Zeit entgegenzutreten. Statt Fahrten in die Ferne – so sagte der Bundespräsident – sollte man zunächst einmal seine eigene Heimat kennenlernen und erwandern.
Wer möchte nicht gern und freudig auf einen so begründeten Appell von höchster Stelle hören, um endlich in der Stille zu sich selbst, zum Ich zurückzufinden! Man muß nicht unbedingt weit reisen, um etwas schönes zu sehen.
Der Raum um Beverungen ist wohl einer der interessantesten Teile im Kreisgebiet; er gehört mit zu den schönsten Landschaften in Westfalen. – So wollen wir denn im Geiste einmal Wanderungen durch unsere nahe Heimat, durch die dreizehn Landgemeinden des Amtsbezirks Beverungen machen. Wir müssen diese Streifzüge schon geschickt einrichten und können in den einzelnen Orten nur das Eigenständige in ihrer heutigen Struktur und das Wichtigste aus ihrer Geschichte überschauen.
Das vorliegende Büchlein, in dem ich auf vielseitigen Wunsch die im Laufe des vergangenen Winters in der Westfalen-Zeitung veröffentliche Artikelserie „Dorfbilder aus dem Amt Beverungen“ und vier Azfsätze über Beverungen und seine nähere Umgebubg zusammengefaßt habe, will dazu mithelfen, die Achtung vor der Heimatgeschichte zu wecken und die Liebe zur Natur und zum Landleben zu fördern. Der Herausgeber möchte Heimatliebe, Heimatsinn und Heimatfreude in die Famileinkreise hineintragen.
Ein brauchbares Hilfsmittel dürfte das Büchlein für die Schulen des Amtes Beverungen sein. Jeder Lehrer, und besonders jeder Dorflehrer, soll in seinem heimatkundlichen Unterricht die Heimat in all ihren natürlichen, kulturellen und sozialen Beziehungen den Kindern des Dorfes immer wieder vertraut machen. Es ist darum für den Lehrer eine interessante und dankbare Aufgabe, die Geschichte seines Ortes in ihren Einzelheiten zu erforschen und evtl. in zusammenfassender Form niederzulegen. Die ortsgeschichtliche Forschung ist aber nur ein Teil, wenn auch der wichtigste, der Heimatkunde.
Neben der Ortsgeschichte verdienen eine ganze Anzahl anderer Gebiete, wie die Volkskunde (Sitte und Brauch aller Art), die Erscheinungen der Tier- und Pflanzenwelt, der Geographie und der Geologie, die Witterungsverhältnisse usw. in gleicher Weise sorgfältige Erforschung.
Solche heimatkundlichen Aufgaben kann ein Lehrer nur dann gerecht werden, wenn er selbst in einem persönlichen Verhältnis zu seiner Gemeinde steht, wenn er Interesse hat für alle Angelegenheiten der Gemeinde, wenn er auch auf weltvergessenen Dörfchen „im Volke“ wurzelt….kurz gesagt, wenn er „heimatbesessen“ ist.
So möge denn dieses Büchlein den Amtseinwohnern erfreuliche und besinnliche Stunden schenken, möge es in allen Orten des Amtes Beverungen vielen Anregungen geben zur Erforschung der Heimatgeschichte, und möge es weiter die heimatliche Verbundenheit aller Stände, Berufe und Bevölkerungsschichten untereinander festigen und stärken.
Beverungen, im Herbst 1955Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Hermann Nolte
                                                                               Amtsheimatpfleger
Anmerkung von mir: Hermann Nolte müßte sein Büchlein heute, im Jahre 2010, sicherlich anders schreiben – für eine Multi-Kulturelle-Gesellschaft. Fremde Kulturen haben in unserer Heimat Einzug gehalten – diese leben uns Heimatverbundenheit vor, und dies fern ihrer Heimat. Ich glaube, die meisten „Leutchen“, die „Ehemaligen“ oder auch „Ex-Beverunger“ genannt, erkennen ihre Heimat noch als Heimat an. Mir geht es auf jeden Fall so: Beverungen wird immer meine Heimat bleiben. Hermann Nolte hat es uns eindringlich schriftlich vor die Augen (und vor die/das  Seele/Herz) gehalten: Heimat ist ein großes Gut, habt immer ein Auge darauf und vergesst sie nicht!